Helmut Baur
1. Vorsitzender des

R S V Braunschweig
  Braunschweig, den 18.12.1950
Campestr. 41

 

Zur Weihnachtsfeier der Jugend des RSV Braunschweig am 
Mittwoch, 20.12.50 im Eisenbahn-Ämtergebäude in Brg
 
Meine lieben Jungen und Mädel!

Ich wäre heute so gerne unter Euch gewesen, um das, was ich sagen möchte, Euch selbst zu sagen. Leider hindert mich eine Dienstreise daran.
Ich möchte vor allem meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß gerade unsere Jugendgruppen einen besonders erfreulichen Aufschwung in diesem Jahr genommen haben. Dabei denke ich nicht nur an die so stark angewachsene- Turngruppe, sondern auch an die Handball- und vor allem an die Fußballjugend, deren Mannschaften hier in Braun¬schweig sich so erfreulich gegen scharfe Konkurrenz durchgesetzt haben. Dafür möchte Euch der Vorstand unseres Vereins seine beson¬dere Anerkennung aussprechen.
Bei dem Eifer und Erfolg, den Ihr gezeigt habt, lag uns der Gedanke nicht fern, Euch zu Weihnachten ein wenig Freude zu machen, und zwar in Gestalt einer gemeinsamen Weihnachtsfeier der Jugend unseres Vereins. Aber Freudemachen kostet leider meistens auch Geld, und das Geld ist, wie überall, auch bei uns knapp, ja bei uns besonders knapp, denn es ist ja noch nicht lange her, noch nicht einmal zwei Jahre, seit wir begonnen haben, unseren Verein wieder auf die Beine zu stellen, der ja Nachfolger des alten Reichsbahn-Sportvereins ist. Wenn wir auch vor dem Kriege schon viele Jahre bestanden haben und eine in vielen Sportarten bekannte Vereinigung und ein gefürchteter Wettspielgegner waren, so haben wir als junger Verein nach dem Kriege doch natürlich noch schwer zu ringen. Zwar sind wir kein kleiner Verein mehr, denn unsere Mitgliederzahl beträgt schon fast wieder ein Drittel des Vorkriegsbestandes, aber wir nehmen ja absichtlich nur sehr geringe Beiträge, um möglichst vielen die Freude am Turnen und Sport und den Vorteil für ihre Gesundheit zu ermöglichen. Und der Wiederaufbau eines Vereins erfordert natürlich sehr viel Geld für viele Anschaffungen, wie Bälle, Wettspielkleidung, Schuhe, Sportgeräte u.a. Vor allen Dingen fehlt uns noch das Wichtigste, nämlich der eigene Sportplatz. Wir haben begründete Hoffnung, im nächsten Jahr auch dieses Ziel zu erreichen, aber dazu muß eben jede verfügbare Mark zurückgelegt werden. Umso erfreulicher ist es, daß sich einige besonders eifrige Sportfreunde aus unserem Kreis aufgemacht haben, um, ohne die knappen Geldmittel der Vereinskasse anzugreifen, Euch diese schöne Weihnachtsfeier zu ermöglichen. Und welchen Erfolg sie gehabt haben, das seht ihr ja selbst. Deshalb möchte ich allen denen, die sich soviel Mühe darum gegeben haben, herzlich dafür danken, und ich meine, ich soll dies wohl auch in Eurem Namen tun. Da wir gerade beim Danken sind: Dank auch allen, die sich m unseren Jugendsport verdient machen, unserem Jugendleiter, den Abteilungsleitern, die sich der Jugendarbeit besondere annehmen, sowie ihren Helfern und nicht zuletzt auch unserem sehr geschätzten Turn— und Sportlehrer, Herrn Schapitz.

Im nächsten Jahr wollen wir fortfahren, so tüchtig und erfolgreich uns im Braunschweiger Sportleben zu betätigen, nicht nur die großen Leute, die besonders im Fußball, Handball und Tischtennis schon allerlei Lorbeeren ernten konnten, sondern auch Ihr kleinen Leute. 
Euch und Euren Eltern ein recht schönes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr !

Euer Helmut Baur

Reichsbahnoberrat
Helmut Baur
Erster Vereinsvorsitzender nach der Neugründung des RSV im Jahr 1949
07.02.1949 bis 10.03.1951
* 25.12.1904 in Berlin             + 07.01.1987 in Gauting (Bay)

 

Erläuterungen zum Text, den ich eins zu eins vom Original übernommen habe.

  • der Mitgliederbestand lag am 1. Januar 1951 bei 280 "großen und kleinen Leuten"
  • mit dem Ämtergebäude ist das heutige Domizil des Versorgungsamts an der Schillstraße 1 gemeint.
    In dem Gebäude waren das Betriebs-, Neubau-, Maschinen-, und Verkehrsamt der damaligen Deutschen Reichsbahn untergebracht. Außerdem gab es auch mindestens eine Dienstwohnung in dem Bau. Eine davon wurden von der Familie Helmut Baurs bewohnt.